Challenge Roth Erlebnisbericht – Hartwig Rausch

Triathlon

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Juli 20, 2011

Highway to Hell oder wie war das gleich noch?

Aber beginnen wir die Geschichte doch am Anfang.

Schwimmstart 0640h mit Christer und Schmiddi (und allen anderen schnellen Altersklassenathleten). Das Schwimmen lief noch voll nach Plan und ich kam sauber durch die Wechselzone aufs Rad. Rüber über die Brücke und mitten durch den (wie immer perfekten) Poseidonsupport. Bis ca. Km60 war die Welt in Ordnung. Locker radeln, viel essen (eigentlich genau meine Disziplin) und mich schön von allen überholen lassen. Karo kassierte mich schon an der ersten größeren Steigung und Christer knapp hinter Greding. Ich lag also voll im Plan. Allerdings hat mein Magen nicht so begeistert auf die Isodinks der Challenge reagiert, wie ich mir das vorgestellt hatte. Außer meinen Laugenstangen, und da musste ich schon stopfen, wollte er sonst nichts haben. Das habe ich dann ab Km120 zu spüren bekommen, die Beine wurden schwer und die die Bergauf und die Flachpassagen immer anstrengender. Aber noch lag ich im Plan. Ich dachte mit etwas Geduld werden die Beine sich schon einlaufen. Dieser Wechsel hat etwas länger gedauert, da ich ja NogoTorstens (;-]) Nerven mit Kniehohen Strümpfen belasten musste. Und die brauchen halt ein bisschen, bis sie sitzen.

Raus zum laufen und, ojeojeoje, Minischritte und Riesenpuls, naja einlaufen, einlaufen, einlaufen. Ist ja kein Kindergeburtstag. Also, raus zur Lände und an den Kanal. Und wenn man meint es geht nicht schlimmer, dann kommst mitten in die Fresse. Mir wurde kotze Übel. Ja, verzeiht dieses böse Wort aus meinem gepflegten Mündelein, aber genau das wollte ich, an den Kanal kotzen. Nur das es nicht so läuft wie man möchte, das kam nichts raus. Also machen wie beim saufen, vier Becher Wasser rein, Magen spülen, vier Becher Wasser mit dem Übeltäter raus. Ich wiederhole: Nur das es nicht so läuft wie man möchte!!! Das Wasser kam raus, aber der Übeltäter nicht. Tja, was macht man, wenn man 5 Kilometer hinter sich, 37 km vor sich, und eigentlich keinen Saft für gar nichts hat? Regel Nummer zwei befolgen: Aussteigen ist keine Option: also erst mal gehen. (nie gehen wäre Regel Nummer vier, aber soweit bin ich nicht mehr gekommen)

Ok, natürlich wollte ich aussteigen, 37km gehen, mit ca. 6km/h die Stunde klingt nicht verlockend. Okay, versuche schneller zu gehen! Aber sobald der Puls hochging, kam der Kotzkumpel zurück. Also, weitergehen, hoffen das es besser wird und weitergehen. Und weitergehen. Und weitergehen. Dann kam ich wieder in die Nähe der Lände und hatte eine Entscheidung zu treffen. weitergehen oder DNF (bei der wohl letzten Langdistanz). Diese verfickten drei Buchstaben, die für "did not finish" stehen. Ich hatte ja Zeit zum Nachdenken. Welche Konsequenz hätte welche Entscheidung. Weiter zum nächsten Wendepunkt, drei bis vier weiter Stunden immer an der Kotzgrenze, ohne Saft und Kraft oder einfach abbrechen. Es wäre so einfach, nur rechts abbiegen, in den Wald verziehen, flennen wie ein Bub, und sich in irgend ein Loch verkriechen, wo man seine Ruhe hat. So einfach, aber was wäre morgen oder übermorgen, wenn der Zweifel anfängt an der Seele zu nagen. Dann habe ich an meine Schüler gedacht, und was ich denen immer predige.
Wenn man was anfängt, das bringt man das so gut es geht zu Ende. Und genau darum ging es in diesem Moment. wie soll ich meinen Jungs in die Augen schauen, wenn ich selbst bei den erstbesten Schwierigkeiten hinschmeiße. Und was sind schon 3 oder 4 weitere Stunden im Verhältnis zum Rest meines Lebens?

Also, hin zur Lände (Danke Anita) raus aus der Lände (Danke Nadine und Christian) und wieder zum Kanal. Und am Kanal lang. Rauf zur Brücke rüber zum Wendepunkt und wieder zurück. Immer "erst mal gehen", walken oder laufen war nicht. Wegen der Hitze habe ich getrunken und mein Magen hat protestiert. Inzwischen hatte mich auch Myri überholt um ihren Marathon zu laufen.

Und dann kam das Gewitter, der Regen und die Kälte. Ich hasse regen und Kälte in Roth!!! Und hatte noch 12 km auf dem Plan, 12 km macht 2h. Verdammt, 2h durch den Regen.  Da bin ich einfach mal losgetrabt, und konnte endlich mal ein kurzes Stück laufen, denn durch die Kälte hatte ich aufgehört zu trinken und der Magen gab Ruhe. Ich lief immer nur kurz, aber ich lief ab und an.
Bei km37 kam der Schalter. Mein übliches "absehbares Ende" jetzt noch mal alles und ich trabte los. Kurze Schritte, nur nicht aufhören. Jetzt galt HTLRegel 4: Niemals gehen (auf den letzten 5 Kilometern), denn sonst gehst du bis zum Ziel, und ich konnte fast nen 6er Schnitt laufen. Noch mal nach Roth rein und raus und dann ab in den Zielkanal.

Das Zieltor habe ich bei 13:42 nach einem unendlich langen qualvollen Tag durchschritten, aber ich habe es durchschritten. Hinter der Ziellinie bin ich mit Weinkrämpfen auf dem Boden gelegen habe und auch später im Finisherzelt haben mich die Emotionen immer wieder überwältigt. (Sorry an alle die sich um mich kümmern wollten und die ich weggeschickt habe).

Das war das Schwerste/ Schlimmste was ich jemals gemacht habe, aber ich habe es durchschritten. (Muss aufpassen, das ich nicht schon wieder flenne) Danke an alle die mich an der Strecke oder auch am Liveticker unterstützt haben, ohne euch wäre es noch mal ein ganzes Stück schwerer geworden und ich weiß nicht, wie ich das hätte ertragen sollen! Ihr wart super, Roth war super, das laufen war Scheiße und ich bin froh das es rum ist.

Aber ich habe es durchschritten!!! Daran werde ich mich erinnern, mein Laben lang! Der erste in Roth, der letzte in Roth?

htl