Triathleten auf Abwegen – Crosslauf in Rülsheim

Triathlon

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Dezember 26, 2005

Am 17.12. war es mal wieder so weit, eine Hand voll Eppelheimer Triathleten konnte den Sportplatz nicht mehr sehen, hatte die Schnauze voll von der immer gleichen Waldstrecke und wollte von Bergen erste recht nichts wissen. Eben klassische Winter-Trainingsdepression, die in der Mehrzahl der bemitleidenswerten Fälle mit Weizen kuriert wird.

Nicht so in diesem Fall. Seit letztem Jahr hat das Jahr für uns einen 2. Höhepunkt, der jede Frühform der Welt wert ist. Einmal im Winter beim Crosslauf die Sau raus lassen. „hier lernt ihr laufen“ heißt es gerüchteweise, die man alle nur bestätigen kann. Wie sonst will man sich im Winter schon echten Wettkampfbedingungen aussetzten, wenn nicht mal bei was anderem. Die Strecken sind kürzer, das Geläuf härter und die Sprüche die Selben.

Das Pokern und Tiefstapeln, dass im Frühjahr bei den ersten Triathlons einfach sitzen muss, kann bei einer so sachfremden Disziplin ausgefeilt und geschärft werden. Immer nach dem Motto „jetzt noch nen Spruch, bevor mir nachher die Luft  ausgeht“ haben Torsten Pahl, Heiko Hutzelmann, Christian Schmitt (Geistiger Vater des Events und Begründer der IG-Nägel an die Füße), Scheffcoach Olli Grimm und Rookie Philipp Herold die lange Anfahrt ausgiebig genutzt, einander porös zu machen und die Unerfahrenheit des anderen zur eigenen Bespaßung zu nutzen.

Dann wurde es aber doch ernst, also so ernst es Triathleten meinen können, wenn sie sich vorher noch nicht einmal die Beine rasiert haben.

Der Kurs führt über 7 Runden auf insgesamt 9,1km um einen Weiher, wovon man die meiste Zeit auf der vorher ausgetretenen Wiese lief, kurz eine Schlammgrube passierte und dann auch schon an die Herausforderung des Tages kam, der Sanddüne auf der Gegengeraden: Fern ab jeder moralischen Unterstützung durch das Publikum mussten wir uns eben 7 mal einen  Sandhaufen hochquälen um oben durch feinsten, tiefsten Quarz zu waten, was sich ungefähr anfühlt, als stünden einem Autos auf den Füßen.

Natürlich sind wir alle total locker in den Wettkampf gegangen, der für uns ja nur ein härteres Training sei. Die Hand zitterte nur weil man vorher noch zum Kaffee eingeladen war…

Und natürlich wollten wir alle locker angehen, und zum Schluss schauen was geht. Dass die erste Runde bei allen die mit abstand schnellste war, lag wohl an der schlechten Kilometrierung der Strecke…

Und wir sind nur für uns gelaufen, haben unser Tempo gehalten und nicht nach den anderen geschaut. Das Philipp die ganze Zeit gecheckt hat, dass auch die Läufer um ihn rum Spikes anhatten, war aus reinem Interesse, hatte nichts mit Selbstwert zu tun. Christians Endspurt um zu Torsten aufzuschließen (der’s dann doch nicht war) wurde auch nur von dem Gedanken getragen, sich gleich im Ziel unterhalten zu können…

Und natürlich waren wir alle streng im GA2-Bereich, so früh schon Säure wäre ja schlecht für den Körper. Das Röcheln im Ziel muss der andere gewesen sein; und das Husten kam eher von der kalten Luft…

„Das Material muss stimmen“ sprach Torsten und Philipp tat’s: Noch am morgen ging er ins Land des glücklichen Sportlers, Decathlon wo harte Kerls zu Shopping-Mäusen werden, und kaufte passend zu seinen austrainierten Waden („nur“ noch 5kg Übergewicht) ein Paar schnell aussehende Spikes. Die Montage der Nägel auf der Hinfahrt hat Torsten wohl den letzten Nerv gekostet. Getragen von diesen Hermes-Schlappen konnte der Eppelheimer Herold immerhin als 19. ins Ziel traben. Ergo: entweder waren mal wieder keine guten Läufer da, oder die Zeitnehmer haben zu tief in die Glühweintasse geschaut.

Dicht hinter ihm schlug der zweite Beschlagene Läufer der Truppe ein. Christian Schmitt konnte mit einer flachen 40er-Zeit mal wieder auf seine nicht unbeachtlichen Lebenskilometer zurückgreifen. Gerade erst vom Bett auferstanden musste er einen bauch vor sich her schieben, der schon gefährlich nah an Philipps Fettleibigkeit war. Dementsprechend begeistert seine Schilderungen von der Düne.

Im Sekunden-Abstand kamen nun auch Torsten, und Heiko ins Ziel, der eine mal wieder „zu schnell für Dezember“ und der andere mit einer Cross-Bestzeit (wie schön Premieren doch sein können).Beide voll zufrieden und mit noch ausreichend Atem, sich den Flüchen über „die Düne des Grauens“ anzuschließen.

Vollendet wurde die Kaffeefahrt von Olli Grimm, der nach Jahren ohne Training beim Aufräumen über seine Laufschuhe gestolpert ist und nichts Besseres zu tun hatte, als seine Schützlinge mal Samstags übers Feld zu Jagen. Immer noch als erste Frau im Ziel betrachtete der König des Tiefstapelns (deshalb isser ja auch der Scheffcoach Anm. d. Red.) seine kleine Heldentat als „eher moderate Leistung“.

Um derlei Geschichten machten sich die fünf triathletischen Dünnbrettbohrer auf den Heimweg, den festen Vorsatz fassend, in Zukunft öfter in fremden Gefielen zu wildern und sich mit Sachfremdheit einen der Dicksten Mäntel der Untertreibung überzustreifen.