Zum Elften Mal Berlin und jedes Jahr wieder

Triathlon

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September 27, 2006

Erlebnisbericht vom Berlin Marathon von Thomas Diener:

 

"Berlin zum elften  mal, eigentlich eine Pflichtveranstaltung. Jetzt starte ich erstmals unter meiner "Jubiläumsnummer 1593", die ich für immer in Berlin tragen werde. Die Atmosphäre, die Strecke und die Zuschauer machen diese Veranstaltung jedes mal zu einem einmaligen Event. Nur dieses Mal nehmen außer Holger Beck (mein ständiger und treuer Trainingspartner) noch Oliver Schubert und sein Freund Ronny teil. Unbeschreibliche Freude über die Unterstützung, bzw.. Besuch der Supporter Annika Langer, Anita Walzel und Matthias Daichendt, die sich heimlich nach Berlin geschlichen haben, schade nur das Torsten nicht mitkommen konnte.

Nun zum Wettkampf: Sonntag Morgen, Wetter: keine Wolke am Himmel, Temperatur: ca. 15 C°, eigentliche ideale Bedingungen für die Zuschauer. Frühstück um 06.30 Uhr 2 Brötchen mit Honig und Marmelade sollten reichen, 1 Tasse Kaffee zum Wachmachen. Die Angespanntheit der anderen Hotelgäste ist beim Frühstück deutlich zu spüren. Ein letztes mal werden nach dem Toilettengang die Utensilien überprüft (Squeeze, Nummer, Brille, etc.). Bei der Fahrt mit dem Regionalzug zum Hauptbahnhof um 07.48 Uhr herrscht ein reges Treiben, überall Teilnehmer mit Beuteln vom Veranstalter und deren Anhänger. Auf dem Weg zum Startgelände sieht man fast den Boden vor lauter Leuten nicht mehr. Um 08.20 Uhr treffen wir uns am Reichstagsgebäude mit Anita, Annika, Oli, Ronny und Matthias. Einstimmen der Supporter und uns Läufern auf den bevorstehenden Lauf. Nun aber zum LKW, wo die Sachen abgegeben werden.

Es wird immer hektischer, der Strom der Teilnehmer zum Startblock wird immer dichter und damit auch immer schwieriger voran zu kommen. Oli, Holger und ich erreichen den Startblock "C" 3 min. vor dem Startschuss, Ronny verpasste leider den Anschluss zu uns. Wir klatschen uns ab und lassen uns von der Atmosphäre inspirieren. Wetter: immer noch keine Wolke am Himmel; Temperatur mittlerweile 19 C°, das wird bestimmt noch wärmer. Die Menge in den Blöcken tobt als der Superstar Haile Gebrselassie namentlich genannt wird.

Startschuss für ca. 33000 Läufer durch den Bürgermeister Wowereit um 09.00 Uhr. Der Wurm setzt sich wippend in Bewegung, abdrücken der Uhr an der Startlinie, Oli und ich Schulter an Schulter neben einander. Wir laufen rechts, dann wieder links um in dem Getümmel einigermaßen vorwärts zu kommen, das hindert einen schon. Wir passieren Kilometer eins; Zeit 4,35 min; ein prüfender Blick zu Oli; Zeit passt; weiter geht es, schließlich kommen noch 41,195 km. In der Menge ist es aber trotzdem schwierig zu seinem Rhythmus zu finden. Bei Kilometer zwei stimmt die Zeit dann aber wieder 4,17min. Oli und ich laufen nebeneinander und jeder nimmt auf den anderen Rücksicht. Die folgenden Kilometer ziehen an uns vorbei, die Zeit stimmt immer noch, nur ich stelle fest, das meine Beine nicht so spritzig und locker sind wie ich mir gewünscht hätte.

Staune über Oli`s Laufstil, der läuft doch glatt die 42,195 km auf dem Vorfuß. Wind kommt auf, der mich persönlich stört. Ich merke das Oli schneller laufen könnte und fordere Ihn auf, doch seinen Rhythmus zu Laufen und sich nicht durch mich aufhalten zu lassen. Oli verneint und murmelt etwas von "am Anfang nicht zu schnell anzugehen". Wir passieren Kilometer zehn mit einer Zeit von 43,18 min. Am Ende von Kilometer zehn muss ich Oli dann aber ziehen lassen, wenn ich mein Ziel unter 03.10 Std. erreichen will. Der Wind nimmt zu, die Temperatur steigt. Den Blickkontakt zu Oli will ich aber nicht verlieren, der bewegt sich ca. 30 m weiter vorne.

Beim nächsten Verpflegungspunkt (Kilometer 15) verliere ich Ihn aber aus den Augen, meine Beine wollen nicht mehr so; komisch die Vorbereitung sollte doch eigentlich ausreichend gewesen sein. Unsicherheit macht sich breit. Nun ja meine Motivation bröckelt und ich sehne mich nach den Supportern. Die müssten ja eigentlich so wie Matthias gemeint hat, bei Kilometer neunzehn, oder einundzwanzig auftauchen. Das zieht mich wieder nach vorne, aber ich passiere die genannten Kilometer ohne dass ich auch einen der Personen antreffe. Frust macht sich breit, warum stört mich jetzt gerade der Wind, die Temperatur und die müden Beine.

Zeitmäßig liege ich bei Kilometer einundzwanzig mit 1.31.18h immer noch im Plan. Ich versuche mich über die Zuschauer, die einen immer wieder anfeuern und nach vorne puschen, aufzubauen. Klatsche bei den Kindern (Zuschauer) ab und freue mich über deren Begeisterung; ein Rollifahrer taucht in der Mitte der Läuferschar auf; dem klatsche ich aufmunternd auf die Schulter und rufe Ihm ein "Mach weiter so, Du bist klasse" zu. Der eigene Antrieb bräuchte solche Streicheleinheiten aber auch dringend. Die weiteren Kilometer werden immer mehr zur Tortur, Puls stimmt (152), aber die Zeit pro Kilometer bröckelt, jetzt laufe ich so 4,45 min/km, Tendenz langsamer werdend. Ich frage mich was los ist? Hoffentlich läuft es bei Oli und Holger besser.

Am wilden Eber; Kilometer achtundzwanzig werde ich kurzfristig wieder gepuscht, die Beine wollen zwar immer noch nicht so richtig, aber mittlerweile habe ich mich damit abgefunden. Ich will jetzt das Ding einfach nur noch nachhause laufen. Der Kurfürstendamm (Kilometer dreiunddreißig) wird erreicht, hier endete früher vor Jahren der Marathon, warum nicht heute und hier? Mein Blick schwindet und wendet sich immer häufiger auf die Straße. Ich fange an die letzten Kilometer hochzurechnen, wo komme ich überhaupt noch raus?

Weiter geht es zum Potsdamer Platz (Kilometer achtunddreißig), hoffentlich tauchen zur Motivierung die Supporter endlich auf; wieder nichts. Nun ja die letzten vier  Kilometer werde ich auch noch schaffen. Die Beine wollen einfach nicht so, vielleicht liegt es ja auch am Alter (mit 40 Jahren ist man nicht mehr so spritzig), oder am Gewicht (93,6 Kg wollen einfach nicht fliegen). Vielleicht sollte ich ja auch eine neue Sportart als Sumoringer anfangen.

Trotz des großen Frustes sehne ich mich nach Kilometer einundvierzig, dort weiß ich mit Bestimmtheit, dass ich alle (Tanja, Annika, Anita und Matthias) treffen werde. Endlich tauchen die ersehnten  Personen auf, das baut trotz des großen Frustes wieder auf. Ich laufe auf Sie zu und frage nach Oli, ob er die 3 Stunden geknackt hat? Durch die aufmunternden Worte werde ich wieder aufgebaut. Kurz teile ich meinen Zustand mit und mache mich dann wieder auf den Weg, um die letzten Kilometer zu absolvieren.

Das Brandenburger Tor rückt näher, welch imposantes Gebäude, Geschichte wurde hier geschrieben, die Menschen machen den letzten Kilometer zu einer Fanmeile, deren Eindrücke man mit Worten nicht beschreiben kann. Die gesteckte Zeit von unter 03.10 Std. spielt keine Rolle mehr. Kilometer zweiundvierzig, nun will ich all den Zuschauern und Fans alles zurückgeben und klatsche Beifall für den genannten Kreis und strahle etwas gequält über alle Backen. Auf der Leinwand wird dies großflächig wiedergegeben, ein komisch Gefühl so zu sehen.

Das Ziel nach 42,195 km in einer Zeit von 3.13.58 Std. endlich erreicht; erfolgreich nun zum elften Mal in Berlin. Die Freude darüber lässt die Qualen, schwere Beine und den Frust von jetzt auf nachher verschwinden. Allerdings macht sich jetzt eine gewisse Müdigkeit breit. Eine der vielen Helfer überreicht mir die Medallie und gratuliert mir herzlich. Weiter geht es zur Verpflegung, doch Hunger und Durst halten sich in Grenzen, trotzdem nehme ich mir zwei Becher von den Isotonischen Getränken (Basica). Red Bull vertrage ich nicht so.

Auf einmal taucht Oli in dem Getümmel auf; freue mich riesig und frage gleich nach seiner Zeit. Sein Gesichtsausdruck verrät mir aber schon, dass es auch für Ihn leider nicht gereicht hat. Trotzdem mit 03.08.?? Std. eine hervorragende Zeit, Respekt und Anerkennung. Wir setzen uns noch auf eine Bank und lassen die Beine hängen in der beißenden Sonne. Die Temperaturen haben so ca. die 26 – 27 C° erreicht. Hoffen das Holger oder Ronny auch gleich erscheinen und Ihr Ziel erreicht haben. Wir unterhalten uns über den Wettkampf und erkunden die Gründe für die Nichterreichung der Zeiten. Nach einer gewissen Zeit haben wir uns aber dann auf den Weg zu den Massagenliegen gemacht, eine Belohnung für die strapazierten Beine sollte dann doch schon folgen. 

Nach erfolgter Massage, die von mir aus auch länger hätte dauern können, haben wir dann unsere Beutel aus den LKW`s abgeholt. Dort wartete zu meiner großen Überraschung Holger in Trainingskleidung schon auf mich, der musste leider nach Kilometer fünfundzwanzig  aufgrund einer zurückliegenden Grippe aussteigen. Anerkennung für diese Entscheidung, die bestimmt nicht einfach war, aber das einzig Vernünftige! Zu dritt sind wir dann erstmals zu einem der vorhandenen Bierstände gegangen um den Wettkampf zu begießen. Weizenradler, Kirsch-, oder Johannisbeersaftweizen waren leider nicht erhältlich (Schade für Oli). Das tat unwahrscheinlich gut, da wurden die Qualen schnell vergessen.

Anschließend Duschen in einem der vielen Zelte. Da tauchten dann auch vertraute Gesichter aus Heidelberg wie Tobias Krentel auf. Nochmals führte unser Weg an dem Bierstand vorbei, auf einem Bein kann man ja nicht stehen. Jetzt aber ab zu den Supportern, die an den Familientreffpunkt "A" auf uns warteten. Schließlich kamen immer mehr Teilnehmer von der Strecke an, die Ihre Unterstützung auch aufsuchen wollen. Mit einem breiten Grinsen (wie Jürgen Brüstle zu pflegen sagt) haben wir dann aber die letzten Meter zu unseren Fans absolviert. Riesige Freude als wir alle zusammen treffen.

Nun fehlt nur noch Ronny, der unbemerkt 5m entfernt von unserem Standort sehnlichst auf einen von uns wartet. Als wir auch Ihn eingesammelt haben machen wir uns auf den Heimweg Matthias, Annika, Anita, Oli und Ronny fahren noch am selben Tag nach Hause (ich wollte nicht tauschen), Holger, Heike, Tanja und ich fahren mit der S-Bahn zum Hotel, um dort die heiß ersehnte Sauna genießen zu können. Diese wird dann auch in vollen Zügen genossen.

Am Abend gehen (doch noch flüssig, ohne großen Muskelkater) wir dann noch zu unserem Stammrestaurant "Goldener Anker" um den Kalorienverbrauch von 3450 kcal auszugleichen. Ein Fischgericht und die Hälfte eines Jägerschnitzels reichen erstmals zur Stillung aus. Der krönende Abschluss verschaffen wir uns aber dann mit einem Weizenbier im Hofbräuhaus. Dort ist zur Zeit Oktoberfest. Aber auch für Athleten endet mal der Tag, um ca. 22.00 Uhr machen wir uns dann auf den Heimweg.

Am nächsten Morgen endet ein dreitägiger Aufenthalt in der beeindruckenden Hauptstadt Berlin. Um 09.00 Uhr machen wir uns dann mit dem Auto auf den Heimweg. Fazit: Berlin ist immer eine Reise wert, die Stimmung, die Zuschauer, die Athleten, usw.. sind super. Wir kommen wieder, keine Frage!

Ich danke Allen, die uns während des Wettkampfes und in der Vorbereitungsphase unterstützt und angefeuert haben. Eins bleibt trotzdem zum Feststellen; einen Marathon kann man nicht zu 100% berechnen, an dem Tag muss wirklich alles, aber auch alles stimmen. Da sind so viele Parameter, die zusammentreffen. Ein Ziel sollte man aber immer vor Augen haben."